Wie ich Bilder bearbeite

Bildbearbeitung ist ein Riesenthema und jeder hat eine Herangehensweise. Ich will mal versuchen meine Art der Bildbearbeitung zu beschreiben.

Wobei ich eigentlich lieber von Bildentwicklung spreche, nicht von Bildbearbeitung. Bildbearbeitung ist für mich eher das, was man mit Photoshop macht – Pixel werden geändert und retuschiert. Ich benutze kein Photoshop, ich benutze Lightroom. Damit entwickelt man eher das Bild, ähnlich wie früher bei der Filmentwicklung. Weißabgleich, Kontrast, Sättigung, diese Parameter gilt es für das Bild einzustellen und so eine Entwicklung, einen Look zu finden.

Lightroom ist dabei das Tool der Wahl. Ich mag dieses Programm sehr und benutze es fast ausschließlich. Der Riesenvorteil ist dabei auch, dass man nicht-destruktiv direkt an den Raw-Daten arbeitet. Man hat also die vollen Bilddaten der Kamera zur Verfügung und alle Anpassungen lassen sich später noch ändern. Nur in ganz wenigen Fällen verlasse ich Lightroom; das sind Panoramen mit der Photomergefunktion von Photoshop, Schwarzweißumwandlungen mit Silver Efex und Retroeffekte mit Analog Efex von den Nik Filtern. Sonst geschieht alles in Lightroom.

Die Bearbeitung in Lightroom erfolgt ‘der Reihe nach’, im Prinzip gehe ich die einzelnen Reiter von oben nach unten durch. Los geht’s also mit den Grundeinstellungen und dem Weißabgleich. Normalerweise stelle ich diesen manuell ein, aber manchmal nutze ich auch die Weißabgleich-Pipette, wenn es eine graue oder weiße Fläche im Bild gibt. Dann erfolgt die Einstellung von Helligkeit und Kontrast, dazu kommen die vier Regler Lichter/Tiefen/Weiß/Schwarz. Das sind die wesentlichen Grundeinstellungen, damit bestimmt man den Bildlook. Meistens gibt es später noch lokale Anpassungen, aber hier wird die grundlegende Entwicklungseinstellung zur Verteilung von Helligkeit und Kontrast im Bild festgelegt. Hilfreich ist dabei auch, das Histogramm genau im Auge zu behalten. Der jeweils gewählte Bereich wird im Histogramm hellgrau hinterlegt; daran lässt sich gut erkennen, für welche Bereiche die Anpassung angewendet wird.

Noch ein Wort zur Sättigung: diese benutze ich äußerst selten. Die Farben würden zu knallig werden. Intensive Farben erreiche ich viel lieber mit dem Dynamikregler, der die Sättigung in den weniger gesättigten Bildbereichen verstärkt. Ansonsten wird die Farbintensität natürlich auch durch den Kontrast beeinflusst. Ein starker Kontrast führt auch zu intensiven Farben.

Sehr wichtig ist auch der Klarheit-Regler. Das ist eine lokale Kontrastverstärkung, im Prinzip ein Schärfen mit großen Radius. Etwas Klarheit hilft oft dem Bild. Zuviel Klarheit kann aber auch ziemlich übel in einem Bild wirken, wie eine schlechte HDR-Bearbeitung. Tipp: Klarheit kann auch mit dem Korrekturpinsel lokal angewendet werden – und es gibt auch negative Klarheit. Diese ist für ein schönes Bokeh oder bei der Hautbearbeitung sehr hilfreich.

Auch eine Art Basiseinstellung und ein sehr wichtiges Thema ist der Bildschnitt. Die Funktion lässt sich mit der R-Taste aufrufen. Für eine Änderung zwischen Quer- und Hochformat drückt man die X-Taste. Ich wähle das Seitenverhältnis aus, richte das Bild gerade und schneide es dann passend zu.

Eher selten benutze ich die Gradationskurven. Wobei sich hier interessante Möglichkeiten bieten, insbesondere seitdem sich in Lightroom die RGB-Kurven pro Kanal ändern lassen. Wesentlich öfter nutze ich die HSL-Regler (Hue/Saturation/Luminosity – Farbton/Sättigung/Helligkeit) um Anpassungen an Farben und Helligkeiten durchzuführen. Das Thema würde jetzt zuweit führen. Vielleicht schreibe ich mal einen extra Artikel dazu. Kurzer Tipp für blauen Himmel bei Landschaftsbildern: Blau-Sättigung etwas hoch und Blau-Helligkeit etwas runter. Übrigens gibt es auch hier ein praktisches Pipettenwerkzeug.

Nützlich ist auch das Werkzeug zur Teiltonung. Im Prinzip ist das ein Tool zum Färben. Dezent angewendet kann man damit wunderbar Stimmungen und Bildwirkungen verstärken. Hier lässt sich ein Look für ein Bild oder besser eine Bildserie erstellen. Das nutze ich gerne. Es gibt noch weitere Tools wie Details (hier finden Schärfen und Entrauschen statt) und Objektivkorrektur (hier lassen sich perspektivische Korrekturen durchführen), aber diese würden den Rahmen dieses Artikels sprengen. Erwähnen will ich noch kurz die letzten beiden Reiter, Effekte und Kamerakalibrierung. Unter Effekte findet sich die Vignettierung, die ich leicht angewendet gerne benutze, und eine künstliche Körnung, die ich nie benutze. Bei der Kamerakalibrierung lässt sich die grundsätzliche Interpretation der Raw-Datei einstellen. Diese Einstellung sollte man also durchaus beachten.

Aber kommen wir zu den wichtigsten Werkzeugen in Lightroom: den lokalen Anpassungen. Das ist eine große Stärke von Lightroom, dass sich lokale Anpassungen sehr einfach und zielgerichtet durchführen lassen. Das mächtigste Werkzeug ist hier der Korrekturpinsel. Damit lassen sich vielfältige Bildbearbeitungen durchführen, von einfachen lokalen Helligkeitsanpassungen bis hin zu Haut- und Augenretusche. Wenn du Lightroom beherrschen willst, lerne den Korrekturpinsel zu beherrschen. Ähnlich gilt das natürlich auch für den Verlaufsfilter und Radialverlauf, die im Prinzip die gleichen Möglichkeiten bieten.

Wenn du Lightroom beherrschen willst, lerne den Korrekturpinsel zu beherrschen.

Noch wichtiger als das Wissen um die einzelnen Bildbearbeitungswerkzeuge ist aber, wie man was anwendet – und warum! Das Ziel jeder Bildbearbeitung sollte es sein, die Bildwirkung zu unterstützen. Das Bild sollte durch die Bearbeitung in seiner jeweiligen Wirkung verstärkt werden. Dazu muss man sich die Frage stellen: Was will ich mit dem Bild ausdrücken? Welche Stimmung soll das Bild rüberbringen? Aus welchem Grund habe ich überhaupt auf den Auslöser gedrückt, worum ging es mir bei dem Bild? Erst wenn diese Frage beantwortet ist, kann man richtig mit der Bildbearbeitung loslegen – und die Werkzeuge dann so einsetzen, dass die Bildwirkung verstärkt wird.

Gute Laune am Strand? Mach den Weißabgleich etwas wärmer. Ein knalliges Bild, wo eine Person etwas in die Kamera schreit? Dreh den Kontrast hoch. Ein Portrait einer zarten Person? Geringer Kontrast, feine Abstufungen. Charakterportrait? Gib etwas Klarheit hinzu. Willst du etwas Tristes zeigen? Mach den Weißabgleich etwas kälter. Die Wolken leuchten zum Sonnenuntergang? Dynamik und Klarheit. Und so weiter. Mit der Zeit bekommt man ein Gefühl, welches Werkzeug wozu passt.

Sehr wichtig ist meiner Meinung nach auch, den Blick des Betrachters im Bild zu führen. Zuerst mal sollte es keine Ablenkungen am Bildrand geben. Das erreicht man durch einen sauberen Zuschnitt und zur Not mit dem Stempel-Werkzeug. Dann funktioniert sehr viel über Helligkeiten im Bild. Der hellste Punkt zieht auch die meiste Aufmerksamkeit des Betrachters an. Lokale Helligkeitsanpassungen tragen enorm dazu bei, den Blick des Betrachters zu lenken. Ähnlich gilt das auch für Farben, diese lassen sich auch gut durch lokale Anpassungen beeinflussen.

Ich hoffe, dass ich damit ein paar Anregungen und Tipps geben konnte. Natürlich habe ich die Themen nur gestreift und es gibt im Netz eine Unmenge an Bildbearbeitungstipps und Lightroom-Tutorials. Um die Bedienung der Werkzeuge in Lightroom zu lernen, finde ich sowas wie die Video2Brain-Videos nützlich. Diese Kurse richten sich aber eher an Einsteiger. Danach würde ich weniger technischen Expertentipps für Bearbeitungstechniken folgen (dann lernt man einen vermeintlichen Supertipp und wendet ihn auf alle Bilder an, ob es passt oder nicht), sondern eher den Fokus darauf legen, wann ich welches Stilmittel einsetze und was ich ausdrücken will. Dafür empfehle ich ‘David duChemin: Vision & Voice’.

Was ist euch bei der Bildbearbeitung wichtig? Nehmt ihr hauptsächliche globale Entwicklungseinstellungen vor oder führt ihr viele lokale Korrekturen durch? Entwickelt ihr die Bilder individuell oder nutzt ihr Entwicklungsvorgaben?

Nächste Woche geht es darum, wie ich Fotobücher erstelle.

12.04.2015

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