Photoszene: Nassplatten-Fotografie

Im Schatten der Photokina hat das Photoszene-Festival stattgefunden. Eine interessante Veranstaltung im Museum für Angewandte Kunst Köln war die Nassplatten-Fotografie, die Stefan Sappert zeigte.

Seit vielen Jahren findet parallel zur Photokina immer das Photoszene Festival statt. Obwohl es mit ca. 70 Galerien und verschiedenen Events viel zu bieten hat, steht es doch stark im Schatten der Messe. Während sich viele tausend Leute auf der Photokina neue Kameras anschauen, sind es nur sehr wenige, die die Galerien besuchen und sich mit den gezeigten Bildern beschäftigen. Bei der Auftaktveranstaltung im Photobookmuseum (mehr dazu nächste Woche) waren kaum hundert Leute und bei der Veranstaltung von Stefan Sappert gerade mal ein Dutzend Besucher.

Dieses Missverhältnis ist mir ein Rätsel. Interessieren sich die Leute denn nur für die Fotoausrüstung und nicht für die Bilder? Oder traut man sich nicht in die Galerien oder findet keinen Zugang dazu? Dazu muss ich sagen, dass die Photoszene selbst es nicht gerade leicht machte. Die Veranstaltungen und genaue Informationen dazu musste man wirklich suchen und das Magazin L Fritz war in dieser Hinsicht auch nicht gerade hilfreich. Hier ließe sich das Marketing sicher noch verbessern.

Jedenfalls war ich dann am Photokina-Freitag im MAKK, einem der beiden Photoszene-Festivalzentren. Ein historisches Wet-Plate-Fotoshooting sollte es dort geben und das wollte ich mir dann doch einmal anschauen. Heutzutage in Zeiten der Digitalfotografie gibt es ja einige, die analog auf Film fotografieren. Aber das Fotografieren auf Kollodium-Nassplatten, eine Technik aus dem 19. Jahrhundert, ist dann doch etwas ungewöhnlich.

Stefan Sappert war aus Wien ausgereist und hatte seine Großformatkamera samt dazugehöriger Dunkelkammer mitgebracht. Damit machte er an dem Abend zwei Bilder, entwickelte diese und erklärte den Prozess. Bei dem nötigen Materialeinsatz (und Kosten) ist so ein Nassplatten-Foto etwas ganz besonderes, ein in Handarbeit hergestelltes Unikat. Damit steht es krassen Gegensatz zur Digitalfotografie, wo sehr viele Bilder gemacht werden. Das macht natürlich auch den Reiz dieses Verfahrens aus.

Nachdem die Glasplatte von Stefan Sappert vorbereitet und im Silberbad lichtempfindlich gemacht wurde, konnte die Belichtung des Bildes stattfinden. Bei einer Lichtempfindlichkeit von ISO 1 ist dazu eine Belichtungszeit von ungefähr 7 Sekunden nötig. Daher ist die Kopfstütze ein wichtiges Accessoire um den Kopf des Modells zu fixieren. Wenn alles richtig eingestellt ist (die Mattscheibe einer Großformatkamera ist wirklich großes Kino), wird dann also das Bild aufgenommen.

Danach kommt die Nassplatte in der Dunkelkammer in den Entwickler, anschließend ins Stoppbad und zum Wässern. Im letzten Arbeitsschritt wird die Nassplatte getrocknet, erwärmt und mit Firnis überzogen. Fertig ist das fotografische Unikat, eine beeindruckende handwerkliche Leistung… und ein Bild mit einer besonderen Anmutung, wie ich finde.

Ich finde es toll, dass heute noch jemand diese alte Technik benutzt und damit Bilder herstellt. Der Prozess an sich ist natürlich schon sehenswert, wie mit der historischen Kamera und den ganzen Chemikalien hantiert wird – und das resultierende Bild ist etwas besonderes, denkbar weit von einem Digitalfoto entfernt, ein mit viel Arbeit hergestelltes Unikat.

05.10.2014

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